Erhalt des audiovisuellen Erbes

Das Fernseherbe privater Veranstalter ist bedroht

Lokale Sächsische Fernsehprogramme sind Quellen audiovisueller Erinnerung. Sie waren Begleiter mentaler, sozialer, medialer und politischer Veränderungsprozesse in der Transformations- und Sattelzeit 1990 bis 1995 – und sind es bis heute.

Dieses audio-visuelle Kulturgut zu erhalten, ist von höchster Brisanz, denn die Programme wurden überwiegend auf VHS-Consumer-Kassetten aufgezeichnet, die ihre prognostizierte Haltbarkeit schon weit überschritten haben; ein kleinerer Teil wurde auf Beta SP-Kassetten aufgezeichnet, die inzwischen aber ebenfalls vom Verfall bedroht sind.

Während der Erhalt des filmischen Erbes inzwischen mehr und mehr als in den Fokus politisch-kulturellen Handelns und Förderns rückt, ist das beim Fernseherbe der nicht-öffentlich-rechtlichen Veranstalter bisher kaum der Fall.

Bereits 2011 verpflichteten sich die Unterzeichnerstaaten des „Europäisches Übereinkommens zum Schutz des audiovisuellen Erbes“ (vom 8.11.2001), „im öffentlichen Interesse die angemessene Erhaltung von Fernsehproduktionen für kulturelle, wissenschaftliche und Forschungszwecke zu gewährleisten.“ (ETS Nr. 184).

Für die Programme der lokalen, privat-kommerziellen Fernsehveranstalter gibt es aber noch kein zentrales Projekt, das diese Verpflichtung in nennenswertem Umfang erfüllen würde. Zwar ist die Bewahrung des audio-visuellen Erbes Sachsens seit 2016 aktive Politik, aber: Verschiedene Digitalisierungs-Initiativen führten zu einem sehr heterogenen Bild, was die Archivierungsorte, die grundlegende, professionelle Erschließung und die Zugänglichkeit für Wissenschaft, Forschung und Wiederverwendung des Kulturguts betrifft.

Erhaltung dieses Fernseh-Erbes heißt immer:

  • die Digitalisierung (und möglicherweise Optimierung) des analogen Bandmaterials,
  • die professionelle Erschließung nach einem einheitlichen Standard
  • die nach archivarischen Maßstäben kontrollierte Aufbewahrung des analogen Ausgangsmaterials.

An der Erhaltung und Erschließung dieses audio-visuellen Erbes wirkt das Leipziger Institut für Heimat- und Transformationsforschung mit.

Das Sächsische Archivgesetz sieht auch für „archivwürdige Unterlagen von bleibendem Wert“,

  • die bei juristischen Personen des Privatrechts entstehen,
  • auch unabhängig von ihrer Speicherungsform alle Aufzeichnungen, insbesondere Bilder, Filme, Tonaufzeichnungen,  

die Übernahme-Möglichkeit als Archivgut ins Sächsische Staatsarchiv vor.

Archivgesetz für den Freistaat Sachsen v. 17. Mai 1993 (SächsGVBl. S. 449), zuletzt geändert durch Artikel 25 des Gesetzes vom 26. April 2018 (SächsGVBl. S. 198).


Mehr zum Thema:

Audiovisuelles Kulturgut ins Internet! – Stellungnahme des Studienkreises Rundfunk und Geschichte auf der Jahrestagung 2019

Zur Bedeutung des lokalen Fernsehens als audiovisuelles Erbe: Pfarrer Gerd Simmank, ehemals Laubuscher Heimatkanal, jetzt Pfarrer in Hohenbocka, im Gespräch mit Judith Kretzschmar und Rüdiger Steinmetz am 19. Juni 2019